Attila Heldmann ist im Reformhaus angekommen. Dort gibt’s 1000 Produkte für seine Challenge und dazu so viele Gratis-Antioxidantien-Checks wie du willst
Healthtracker vs. innere Stimme
Quantify yourself: Nach meinem Dafürhalten ist das nur was für gefestigte Naturen. Sich auf Geräte zu verlassen, anstatt auf die innere Stimme zu hören, bringt einen schnell an den Rand der Verzweiflung. Nimmt man das Ganze zu ernst, öffnen sich Perfektionismus und Zwangsneurose Tür und Tor. Der Blick auf die Waage verdirbt den Tag, die vom Fitness-Tracker gemessenen Daten lösen einen gnadenlosen Wettbewerb in der Jogging-Gruppe aus, man wird nervös beim Anblick des Ruhepulses, was diesen rückkoppelnd weiter in die Höhe treibt – und so weiter. Kurz: Das Feedback erhöht den Druck und schadet oft mehr, als es nützt. Ihr merkt: Ich nähere mich mit gewissem Vorbehalt den Biozoom-Messgeräten, die derzeit in vielen Reformhäusern zu finden sind. Eine Weile sollen sie für einen Gratis-Check zur Verfügung stehen. Wer möchte, kann sich sogar mit seinen Daten an der Reformhaus Challenge von Attila Hildmann beteiligen. Sie läuft unter der Überschrift »Triät« und ruht auf den drei Pfeilern gesunde Ernährung, körperliche Bewegung und Reduzierung von Stress. Wer die Herausforderung annimmt, lässt sich auf der Website registrieren und nimmt damit gleichzeitig an einer anonymisierten wissenschaftlichen Studie teil. Eine kostenlose App für iphone und Android hilft, am Ball zu bleiben (alle Links unten).
Wirkung wissenschaftlich untermauert
Als notorische Challenge-Verweigerin lasse ich Einloggen und App lieber aus. Aber das Gerät interessiert mich. Von Hardy Hoheisel, Triathlet und Geschäftsführer von biozoom, erfahre ich, dass das Biofeedback-System mit Hilfe einer Studie überprüft wurde. Unter Aufsicht der Berliner medizinischen Hochschule Charité wurde bei Schülern der 11. und 12. Klasse drei Wochen lang der Antioxidantien-Status gemessen. Während des ersten Studienabschnitts bekamen die Teilnehmer ein gesundes Mittagessen gratis und wurden in Fitness unterrichtet. Hoheisel erläutert, was (nicht nur in dieser Altersgruppe) den oxidativen Stress erhöht: Alkohol, Rauchen, aber auch Sport. Schon nach dem ersten Abschnitt zeigte das Feedbacksystem Wirkung: 25 % der Teilnehmer gaben das Rauchen auf. Nach sechs Monaten wurde das Ganze wiederholt. Diesmal war das Ergebnis noch verblüffender: 85 % der Schüler wiesen bessere Werte auf, 45 % hatten aufgehört zu rauchen, 25 % tranken weniger Alkohol. Kommentar einer Schülerin: »Mit dem Gerät brauche ich nicht erst auf Falten oder Krankheiten zu warten. Ich sehe sofort Ergebnisse und mein körperliches Befinden hat sich auch schnell gebessert.«
Ansporn und Enttäuschung
Den Antioxidantien-Tracker von biozoom gibt es nicht nur als Terminal im Reformhaus, sondern auch als Gerät für den Privatgebrauch (Kosten 399 €). Er arbeitet mit einem lichtsensiblen Sensor. Dieser sendet einen Lichtstrahl aus, der die Haut des Daumenballens bestrahlt. Aus der Reflexion des Lichts holt sich der Sensor seine Informationen anhand von vier Biomarkern und speist damit einen Algorithmus, welcher am Ende einen Wert ergibt. Zwei dieser Marker ermitteln, wie sehr die Haut mit Lycopin und Carotinoiden gesättigt ist. Beides sind Farbpigmente pflanzlichen Ursprungs, die von Wissenschaftlern in einem Atemzug mit gesunder Haut genannt werden. Das Verfahren ist völlig unschädlich und ohne viel Aufwand durchführbar – anders als beispielsweise eine Blutuntersuchung oder eine Haaranalyse. Der Antioxidantien-Status wird schließlich auf einer Skala von 1 bis 10 ausgewertet:
- 1-2: ungenügend
- 3-4: nicht ausreichend
- 5-6: auf gutem Weg
- 7-8: gut
- 9-10: exzellent
In einem großen Reformhaus in Hamburg-Eppendorf mache ich den Selbstversuch. Das Befürchtete tritt ein: »Ich bin auf gutem Weg«. Wie bitte? Für einen Gesundheitsapostel wie mich eine herbe Niederlage. Ich messe unauffällig ein zweites und drittes Mal, mal mit dem linken, mal mit dem rechten Handballen, aber über eine 6 komme ich nicht hinaus. Ein ältere Dame berichtet mir stolz von ihrer 8. Wie sie das schafft? »Ich bewege mich viel.« Eine Schönheit in Lammfell hatte gestern schon mal gemessen. Jetzt schnaubt sie. Den Wert ihrer Freundin, »die sich auch nicht besser ernährt als ich«, hat sie innerhalb der letzten zwölf Stunden noch nicht eingeholt. Wie hoch die Freundin wohl gepunktet hat? Ich frage lieber nicht nach. War bestimmt eine 8 oder 9. Mein Entschluss steht fest: In einer Woche stehe ich wieder auf der Matte. Bis dahin will ich gut zu mir sein. Ob ich Fortschritte mache, so ganz ohne Challenge? Time will tell. Ich halte euch auf dem Laufenden.
Hier erklärt Attila die »Triät«:
Und hier die Links:
Zur »Triät« bitte hier entlang
Die App für Android, die App fürs iphone
Schau bei biozoom nach, wenn du dir ein eigenes Gerät wünscht
Wer hat eigentlich mit diesem ganzen Quantify yourself-Kram angefangen? Gary Wolf und Kevin Kelly
Veröffentlicht am 06.02.2015