Bierverkostung mal anders – mit Zimtsternen, Vanillekipferln, Baltic Porter und Triple Hop Craftbeer #foodpairing

Bierverkostung: statt Tellerchen Deckel – so werden Kekse adäquat gereicht
Stimmt das Foodpairing?
Eine Bierverkostung im Bierland ist immer eine feine Sache. Wie man zum Beispiel hier nachlesen kann. Dabei kommt es erstaunlicherweise vor, dass die Geschmacksknospen nach Süssem lechzen. »Schon viele Gäste konnten sich das eine oder andere Bier gut zu Kuchen vorstellen«, berichtet Esther Isaak de Schmidt Bohländer. Ungeachtet des Zwischenrufs »Und sei es nur zum runterspülen« habe sie deswegen die Idee einer süssen Bierverkostung in ihrem Herzen bewegt. Dieses Jahr wagt die Geschäftsführerin des bestens sortierten Craft Beer Geschäfts das Experiment. Erstmals bietet Esther in der Adventszeit Bierverkostungen mit Weihnachtsgebäck an. »Schaun wir mal, ob ein Coffee Beer wirklich perfekt zu Stollen und Zimtsternen passt«, sagt sie. Ich habe Glück. Ich bin zur Generalprobe eingeladen.
Welcher Keks zu welchem Bier?
Dass die Idee Charme hat, liegt auf der Hand. Hopfen beruhigt die Nerven. In der Hektik der Vorweihnachtszeit ist das sehr wohltuend. Ein moderater Alkoholgenuss lässt zudem Freunde und Verwandte in mildem Licht erstrahlen. Darüberhinaus lässt man sich bei einer Verkostung bekanntlich Zeit und geht achtsam vor. Doch es stellt sich natürlich die entscheidende Frage, nämlich: Welches Bier passt zu welchem Keks? »Beim Foodpairing zählen einerseits die Harmonien, andererseits die Kontraste«, betont Esther. Auf den Bierdeckeln eines in einer ehemaligen Kirche angesiedelten Brauhauses hat sie in Windeseile neben Stollen und Vanillekipferln, Haselnussspritzgebäck, Schokolebkuchen, Zimtsterne und Pfeffernüsse verteilt. Im Hintergrund warten bereits zwölf verschiedene Bieren darauf, geöffnet zu werden. Ob wir die alle schaffen?

Zimtsterne und englisches Dark Ale – passt das foodpairing?
Grundregeln einer Bierverkostung
»Von hell nach dunkel, von wenig zu viel Alkohol« – so lautet die Grundregel einer Bierverkostung. Um Nase und Gaumen zu neutralisieren, riecht man am besten an sich selbst. Dabei muss es nicht gleich die Achselhöhle sein. Ein leichtes Schnuppern am eigenen Handrücken reicht vollkommen. Wann die Grenze der Übersättigung überschritten ist, ist natürlich individuell verschieden. Sie sollte aber unbedingt respektiert werden. Lieber die Reste der Testbiere wegschütten, als sie der Leber zuzumuten. Da kommt in der Weihnachtszeit schon genug zusammen. Was wird bei einer Bierverkostung geprüft? Die Farbe des Bieres. Die Beschaffenheit des Schaums. Die Aromen in der Nase. Der erste Schluck. Profis nehmen parallel dazu einen Atemzug durch die Nase. Das erhöht die Sensibilität. Und dann, am Ende, folgt schließlich der Biss in den Keks mitsamt einem Schlückchen Bier.
Die Ergebnisse – Links unter den Überschriften
ü.NN IPA alkoholfrei
»Dieses Bier interessiert mich fast am allermeisten«, sagt Esther. »Denn obwohl es alkoholfrei ist, schmeckt es wie ein vollwertiges Pale Ale.« Also dient Oliver Wesselohs Kreation aus der Kehrwieder Kreativbrauerei gleichsam als Stellvertreter für sehr, sehr viele der im Laden vertretenen Biere. Doch dann eine Enttäuschung: Das Alkoholfreie funktioniert mit keinem der Kekse. Bei jedem Test entsteht eine unangenehme Säure. In Kombination mit Walnuss oder Mandarine müsste es allerdings sehr fein sein. Einfach ausprobieren!
Framboise Boon
Wow! Schon allein genossen, ist dieses Bier eine Offenbarung. Genial wird es in Kombination mit Schokoladenlebkuchen oder mit Vanillekipferln. Bei Ersteren geht’s in Richtung Harmonie, vermutlich wegen des Zitronats und Orangeats. Bei den Kipferln entfaltet sich ein nunancenreicher Kontrast. Empfehlenswert! Ein herrliches Lambic, vergoren mit reichlich Himbeeren und wilder Hefe aus dem Jahrgang 2015. Mein Favorit.
Helle Aufregung
Sascha Bruns von Hopperbräu hat dieses Lager nach tschechischen Vorbildern gebraut. Es ist dreifach gehopft: mit Saazer, Sladek und Hallertauer Hopfen. Der erste Schluck gemahnt an ein solides Bauarbeiterbier. Keine Kritik! Komischerweise passt es am besten zu dem Stollen. Demgemäß stellen sich synästhetisch Assoziationen ein: Fliesentisch, Schrankwand, Dresden, deutsche Weihnacht und im Fernsehen läuft Mario Barth. Esther meint, ich solle nicht so streng sein. »Haselnussspritzgebäck und Vanillekipferl sind dazu auch nicht zu verachten.«
Innis & Gunn Oak Aged Beer
An der Nase Honigpollen, Tendenz Gelée Royal. Außerdem Heidekraut, Wacholder, Hochmoor. Esther: »Leichte Aromen nach Wäschekorb und versottenem Ofen.« Ich: »Trolle und Druiden kitzeln den Gaumen.« Tatsache, Tusch und tata! Das bisher beste Keksbier! Harmoniert mit allem! Sogar mit den Pfefferkuchen, die bisher alle anderen zum Absturz gebracht haben. In die Augen der Verkosterinnen tritt ein genussvolles Glänzen. Ja, in dieser Richtung sollte und könnte es weiter gehen.

Bis hierhin haben alle Biere zu einem Keks gepasst, das Oak Aged Beer von Innis & Gunn zu den meisten
Kohlentrimmer von Buddelship
»Das Schwarzbier für die maritime Bohème« steht auf dem Etikett. Auf der Stirn der Bloggerin erscheint ein deutliches Fragezeichen. Wie bitte? Nun, das lassen wir mal unkommentiert. Es geht ja um Pfefferkuchen und nicht um die gleichnamigen Säcke. Aber dann die Überraschung: Kohlentrimmer reagiert mit seinem Coffee- und Chocolate-Malt auf deutschtümelnden Stollen säuerlich. Stattdessen biedert sich das Schwarzbier an den bisher eher ungeliebten Pfefferkuchen an. Also doch. Ganz delikat. Zimtstern und Vanillekipferl harmonieren desweiteren.
Sacknacht von Hopfenstopfer
Was für ein Bier! Fast unfair, es gleich nach dem Kohlentrimmer zu trinken. Sacknacht hat alles, was Kohlentrimmer nicht hat: Kaffeearoma satt, perlige Frische, samtige Bitterkeit. Hierzu passt hervorragend Schokoladenlebkuchen, Vanillekipferl, Pfefferkuchen. Man kann es natürlich auch locker ohne Keksbeigabe trinken. Was bei Kohlentrimmer nicht der Fall ist, dafür ist es ’n beten to langweilig. Esther klärt dann übrigens die Bloggerin noch auf, dass der Name »Sacknacht« ins Norddeutsche übersetzt »stockdüster« heißt. Und nicht, was sie denkt.
Strong Suffolk Dark Ale
Faßgereift und mit Vintage Bier verschnitten. »Darin sind die Briten Könner«, betont Esther. Und fügt hinzu: »Bei uns Deutschen wurde wahrscheinlich inzwischen alles Wilde wegdesinfiziert.« Fantastisch, was man in diesem wunderbaren Dunkelbier alles schmecken kann! Sherry, Leder, Trockenfrüchte, Rosinen, dunkle Schokolade. Esther: »Eine Praline.« Da wundert es kaum, dass der rosinenhaltige Stollen an erster Stelle erscheint. In Sachen Harmonie, that is. Gefolgt von Schokoladenlebkuchen, Vanillekipferln und Haselnussspritzgebäck. Nur der Pfefferkuchen muss wieder draußen bleiben. Auch die Zimtsterne kommen nicht so gut. Da gibt’s vermutlich Aromenkonkurrenz.
Kogge, Baltic Porter
Man muss im Internet schon ein bisschen danach suchen. Bei Esther steht der »Kaventsmann« der Kehrwieder Kreativbrauerei im Regal. Und bei der Verkostung natürlich auf dem Tisch. Allerdings wird es das letzte Bier sein, das noch geht. Nach ihm hat man weder Lust auf Bier noch auf Kekse. Leider geht die Kogge im Vergleich flugs unter: wenig spritzig, Nuancen nach Sackleinen, bisschen flach. Zusammen mit Zimtstern oder einem Bissen Lebkuchen aber gar nicht übel. Ja, man könnte fast meinen: Keks reißt das Bier raus. Gar kein schlechtes Fazit für diese Art Bierverkostung, don’t you think?
Was wir nicht schafften:
Coco D’Or von Schwarzwaldgold
Doupting Thomas, ein Bier, welches in einer ehemaligen Kirche gebraut wird
Organic Chocolate Stout von Samuel Smith’s Brewery
Alpirsbacher Klosterbräu Starkbier – von denen gibt’s sogar ein Weihnachtsbier
Das Stout der Circle8Brewery – eine Micro-Brauerei aus Hamburg
Was wir uns zum Abschluss gönnten: Mein Aventinus – ein unfassbar gutes Weißbier mit Noten von Banane, Pfeffer, Nelken und Kaffee und 8,2 Vol Umdrehungen. Allerdings nicht so wirklich das perfekte Keks-Bier….
Bier-Weihnachtsgebäck-Verkostung – siehe auf auf Facebook
Termin und Adresse: Sonntag, 4. Dezember 15:00 – 17:00; Bierland Hamburg, Seumestrasse 10, 22089 Hamburg
Veröffentlicht am 23.11.2016