Angesichts einiger schmerzhafter Verletzungen und kaputter Lieblingsmesser wollte ich diesen Beitrag eigentlich »Das Maroni Massaker« nennen. Aber dann…
Siehe, ein Baum
Pilzesammler kennen das: Hat man den ersten erblickt, poppen die Schwammerl plötzlich überall auf. Ähnlich erging es mir letztens mit Esskastanien. Einmal vertraut mit Blattform, Cupula (Fruchtbecher) und Nuss, erschienen mir die Bäume schlagartig an jeder Straßenecke. Sie drängten mir ihre Früchte förmlich auf. Ich schleppte sie kiloweise nachhause.
Wohlan!
Nun könnte man meinen, Größe sei nicht wichtig. Auf Esskastanien trifft dies definitiv nicht zu! Mit Sätzen wie »Der Baum war noch jung« oder »Hauptsache glutenfrei«, versuchte ich die Furcht vor der Mickrigkeit meiner Kastanien zu beschwichtigen. Im Durchmesser nicht größer als ein 50-Cent-Stück, stand mir ganz offensichtlich stundenlanges Schälen bevor. »Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen« nichts dagegen.
Roh ungenießbar
Jedes Kind weiß, dass man Esskastanien/Maronen kreuzweise einritzt, sie bei 200° für 20-30 Minuten im Ofen bäckt (gerne nebst einem Schüsselchen heißen Wassers), sich beim Schälen die Finger an ihnen verbrennt wärmt und dann eine nussige Süße von kartoffelartiger Textur genießt – ohne Härchen oder adstringierenden Gerbgeschmack, da die Innenhaut sich wie von selbst gelöst hat. Andere kochen sie ohne Einschneiden wie Kartoffeln und schälen sie anschließend noch heiß. Karin Longariva, die Kastanienkochbuchautorin meines Vertrauens, hat einen dritten Vorschlag: Die äußere Schale roher Maronen entfernen, sie mit kochendem Wasser übergießen, 5 Minuten ziehen lassen und die innere Haut ablösen, indem man sie mit einem Tuch abreibt.
Soweit die Theorie
Dies mag auf normalgroße Kastanien zutreffen, nicht aber auf pralle, »noch junge« Maronen aus städtischer Ernte. Im Gegensatz zu kultivierten Artgenossen ist und bleibt die Größe wilder Kastanien bescheiden. Deshalb fasse der Selbstversorger die Anschaffung eines professionellen Kastanienmessers oder -ritzers (kostet etwa 15,00 Euro) ins Auge, um zu vermeiden, dass nach mehreren Schälstunden die Spitze des geliebten Victorinox-Messers verbiegt oder die Klinge des Windmühlen-Messers schartig wird.
Schützt eure Finger!
Es sind weniger die kleinen Schnittwunden oder Brandblasen, die beim unvorsichtigen Schälvorgang zu beklagen wären. Sondern vielmehr die winzigen Widerhaken des mit Stacheln bewehrten Fruchtbechers, die sich beim Sammeln unbemerkt in die Haut gebohrt haben und schwer rauszukriegen sind. Drum: Sammelt die Esskastanien mit Handschuhen! Ich spreche aus leidvoller Erfahrung.
Und hier die Links:
Die Edelkastanie, auch Keschde genannt, bei Wikipedia
Du suchst Maronen in deiner Stadt? Guckst du bei mundraub.org
Eine der Quellen für einen brauchbaren Kastanienritzer
Bei Biber gibt es einen einen Kastanienritzer, anderenorts als Jack Maronenschreck geführt
Einige Beispiele aus dem Kochbuch von Karin Longariva »Kastanien – Die besten Rezepte« stelle ich in Kürze vor
Veröffentlicht am 16.10.2014