Jahrzehnte lang beherrschte getrockneter Knoblauch die Szene. Jetzt gibt es ihn überall frisch. Welcher ist besser? Ein Streitgespräch.

Frischen Knoblauch gibt’s mittlerweile das ganze Jahr lang. Braucht man den getrockneten Knoblauch überhaupt noch?
Kühlschranktür auf
Alter Knoblauch (AK): Ohne dich war alles besser. Wo kommst du her und was willst du, Jungspund!
Junger Knoblauch (JK): Dich vom Thron stoßen.
AK: Hoho, das ich nicht lache! Du bist ja noch nicht mal trocken hinter den Zehen.
JK: Noch eine Eigenschaft, die mich so begehrenswert macht.
AK: Wieso noch? Was denn sonst noch?
JK: Die Frische. Das Aussehen. Die Subtilität.
AK: Subtilität?! Geht’s noch? Man schmeckt dich ja kaum. Ich dagegen strotze vor Aroma und zwar ewig und drei Tage …
JK: …weswegen man höllisch aufpassen muss, dass man dich nicht überdosiert. Im Alter wirst du scharf.
AK: Das ist wie mit schnellen Autos, mein Lieber: Wer sie nicht fahren kann, fliegt aus der Kurve.
JK: Für mich braucht man noch nicht mal einen Führerschein!
AK: Mir kommen die Tränen.
JK: Deine Zeit ist abgelaufen, Alter. Wenn man dich mitkocht, wirst du bitter, nicht nur im Kühlschrank siechst du würdelos dahin, das Abblättern deiner bleichen Pergamenthaut, die trockenen, eingeschrumpelten Zehen …
AK: Pfui, Altersdiskriminierer!
JK: Ich dagegen bin nicht nur der bessere Knoblauch, ich bin sogar der bessere Bärlauch! Ein Abgesandter des Frühlings, der Dressing, Dip und Kräuterquark mit sanftem Knoblauchduft behaucht, ein Liebhaber gedünsteten Babyspinats, der Burner auf Pizza und in Salaten, mich kann man von Anfang an mitkochen und zwar mit Haut und Stiel, ich bin der Bringer.
AK: Und ich der Notnagel in jedem Regal – du schnell schimmelnder Angeber.
JK summt „Die young, stay pretty“! von Blondie.
AK stimmt „ Una festa sui prati“ von Adriano Celentano an.
An dieser Stelle schließen wir sanft die Kühlschranktür und blenden uns aus dem Wortgefecht aus. Über den weiteren Verlauf ist nur bekannt, dass der alte Knoblauch irgendwann mit den Worten „Ich war doch auch mal jung“ dem jungen schluchzend in die Zehen fiel. Jener, Softie durch und durch, murmelte „Ich weiß, ich weiß doch“ , bis sich der Alte wieder beruhigte. Am Ende versicherten sich beide ihrer Existenzberechtigung und alles wurde gut.
Hier übrigens ein englischsprachiger Artikel über die Kunst, Knoblauch perfekt einzukaufen und zu lagern – via Epicurious