Life Hacks auf dem Prüfstand

Machen Life Hacks [dt. Lebens Kniffe] unser Leben wirklich einfacher – zum Beispiel in der Keksbäckerei?

Thumbprint Cookies: low carb mit Leinsamenmehl, vegan mit selbstgemachter Margarine; für den Print nimmt man einen Stößel

Thumbprint Cookies: low carb mit Leinsamenmehl, vegan mit selbstgemachter Margarine; für den Print nimmt man einen Stößel

Geburtsstunde der Life Hacks

Woher kommt eigentlich der Begriff Life Hack? Laut Wikipedia fiel er zum ersten Mal 2004 in San Diego. Dort hielt der Technologiejournalist Danny O’Brien einen Vortrag mit dem Titel »Technische Geheimnisse überproduktiver Alpha-Geeks«. Jetzt was ist ein Geek? Falls du das nicht weißt, schau am besten hier. Drücke ausserdem auf Hack. Damit hast du alle entscheidenden Anglizismen beisammen. Sie erlauben dir ein Grundverständnis der folgenden drei Life Hacks. Diese wurden unter besonderer Berücksichtigung weihnachtlicher Keksbäckerei getetest. Dabei handelt es sich um simple Lebens Kniffe, mit denen du vegane Margarine selbst machen, Deko Zucker färben und natürlichen Bittermandelextrakt herstellen kannst. Jetzt die Frage: taugen sie was? Oder rauben sie uns bloss kostbare Lebenszeit?

Die homemade Margarine besteht aus nur zwei Zutaten: Kakaobutter und Öl

Die homemade Margarine besteht aus nur zwei Zutaten: Kakaobutter und Öl

Sobald Kakaobutter und Öl verschmolzen sind, müssen sie ein paar Stunden gekühlt werden

Sobald Kakaobutter und Öl verschmolzen sind, müssen sie ein paar Stunden gekühlt werden

Hack N° 1: DIY Margarine aus zwei Zutaten

Margarine ist immer vergan, weil pflanzlich. Das sollte also nicht das Ding sein. Ist es aber doch. Denn immer wieder beklagt man sich in veganen Foren, dass man bei genauerem Hinsehen Spuren von Molkeeiweiß und andere Zutaten tierischer Herkunft entdeckt habe. Dann ist die Empörung jedesmal groß. Dabei ist das Problem leicht aus der Welt zu schaffen – indem man vegane Margarine selbst macht. Und zwar aus nur zwei Zutaten und ganz ohne Palmöl. So geht der Margarine Hack:

Einfach 3 ½ bis 4 Teile Öl mit 1 Teil Kakaobutter auf der niedrigsten Stufe in einem Topf schmelzen lassen. In ein Gefäß schütten und mindestens 2 Stunden abkühlen lassen.

Dieses Rezept habe ich auf gutefrage.net entdeckt. Es stammt von einer Mitarbeiterin des Vereins Rettet den Regenwald. Leas Argumente bezüglich Palmöl haben mich überzeugt. Aber funktioniert ihr Hack wirklich ? Für den Test habe ich 85 g Bio Kakaobutter mit knapp 300 ml Rapsöl verschmolzen.

Testergebnis:

Prima Konsistenz. Aber gewöhnungsbedürftiger Geschmack. Fürs Backen trotzdem völlig okay. Mit der zwei Zutaten-Margarine gelingen perfekt knusprige vegane Kekse (Rezept unten). Als Brotaufstrich ist der Stoff allerdings weniger geeignet.  Weil sie nicht desodoriert ist, hat die Kakaobutter von Flores Farm eine deutliche  Schokonote. Passt nicht zum Rapsöl. Im nächsten Versuch verwende ich ungeröstetes Sesamöl und aromatisiere mit einem kleinen Schuss Haselnussöl.

Hack N° 2: Natürlich gefärbter Deko Zucker

Mit Keksen ist es ja so: entweder Avantgarde oder Tradition. Als kreativer Mensch bevorzugt man natürlich das nie Dagewesene, das Experiment. Sollte es mißlingen, kann man immer noch die Option Vanillekipferl ziehen. Wer im Garten- und Foodblog Grüne Liebe über das Rezept für fruchtigen Sanddornzucker stolpert, spinnt die Idee augenblicklich weiter. Also Vorhang auf für den Deko Zucker Hack:

Über Nacht in einem kleinen Marmeladen Schraubglas (50 ml) einen Kaltausszug aus Wasser und einer beliebigen färbenden Substanz herstellen. Was ergibt welche Farbe?

  • Safran ⇒ gelb;
  • roter Früchtetee ⇒ rot;
  • kleingehackter Rotkohl ⇒ blau;
  • 1 Tl Matcha Tee ⇒ grün;

Am nächsten Tag einen Teelöffel der Tinte des Auszugs in ein Schüsselchen geben und mit mindestens zwei El Zucker bestreuen. Rühren, bis alles durchgefärbt ist. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Bleck streuen. Ein paar Stunden trocknen lassen. Mit einem Caipi-Stößel oder einem anderen stumpfen Gegenstand zerstossen, bis ein krümeliger naturbunten Zucker zum Streuen entstanden ist.

Testergebnis:

Süsse Idee. Im Prinzip leicht zu machen. In der Praxis dauert das aber. Also ein wenig Geduld mitbringen. Funktioniert auch super mit Puderzucker für Zuckerguß. Natürlich nur mit weißem Zucker, da muss man seine Gesundheitsbedenken über Bord werfen. Überaschung: sogar der mit Rotkohl zu Blue Chrystal Meth eingefärbte Zucker schmeckt! Aber bloß keinen Zitronensaft dazu geben, dann wird er wieder rot. Highlights: Safran- und Früchtetee Zucker. Wer mag, parfümiert den grünen Matcha Zucker mit ein paar Tropfen Rosenwasser.

Hack N°3: Selbstgemachter Extrakt aus echten Bittermandeln


Vielleicht spielst du mit dem Gedanken, Marzipan selbst zu machen? Dann brauchst du neben dem Rosenwasser auch ein paar Tropfen Bittermandel Extrakt. Dumm nur, dass das handelsübliche Aroma in aller Regel künstlich ist. Zwar gibt es im Reformhaus ein natürliches Aroma von Holo. Aber dort gibt es auch Bittermandeln. 50 g kosten nur 1,79 Euro! In Kombination mit einem guten Kirschwasser kannst du daraus einen wunderbaren Bittermandel Extrakt ziehen. Dabei brauchst du keine Angst vor der in den Mandeln enthaltenen Blausäure haben. Bei der Extraktion verflüchtigt sich ein Teil davon. Und so geht’s:

50 g Bittermandeln mit kochendem Wasser übergießen, ziehen lassen, häuten. Die Mandeln in einer Pfanne bei Niedrigtemperatur trocknen. Nicht rösten! Danach kleinhacken und je ein Drittel in einem 100 ml Schraubglas (oder einer Flasche) bis an den Rand mit Kirschwasser übergießen. Dunkel und kühl stellen. Ab und zu schütteln. Etwa drei Monate extrahieren. Dann abfiltern und in eine kleine blickdichte Pipettflasche umfüllen.

Testergebnis:

Genial. Eigentlich sollte der Extrakt ein Vierteljahr ziehen. Aber schon nach einer Woche ist das Aroma ziemlich intensiv. Etwas knifflig ist allerdings die Handhabung: Schraubgläser sind Flaschen vorzuziehen. Schließlich hat nicht jeder einen Chemiebaukasten mit Mini Trichter und -filter zur Hand. Zum Abfiltern eignet sich eine Filterpapiertüte. Jetzt warum Kirschwasser? Nun, sowohl Mandeln wie Kirsche entstammen der selben Pflanzenfamilie. Beides sind Rosengewächse, Unterklasse Steinobstgewächse. Aromamäßig harmoniert das ganz fabelhaft.

Alles in allem – das Fazit

Der Margarine Hack erhält »douze points«. Bestnote! Die Margarine ist schnell und einfach gemacht und verschafft ein gutes Gewissen. Natürlich nur unter der Voraussetzung man kauft Kakaobutter bio und fair. Dasselbe gilt für das Öl.

Bittermandel-Extrakt selber machen erhält auf einer herkömmlichen Schulnoten-Skala die Note zwei. Im Geschmack tadellos. Leider ein bisschen figelinsch [engl. tricky] in der Handhabung. Ausserdem muss man auf das Ergebnis recht lange warten. Das sind wir Supermarktverwöhnten ja gar nicht mehr gewohnt.

Das Prädikat »kann man machen« geht an den Zucker Hack. Das Leben vereinfachen? Tut er nicht. Die Idee hat eher was von »Physik-Experimentierkasten für die Primarstufe«. Man muss schon etwas Frustrationstoleranz mitbringen. Vor allem, wenn es darum geht, den Zucker wieder rieselfähig zu machen. Auf Schläge mit dem Nudelholz (natürlich vorher in eine Tüte gepackt) reagiert er überraschend unhomogen. Die Tüte mag den scharfkantigen Zucker auch nicht. Stellt euch auf Krümel und Zeitverlust ein.

Rezept für vegane Thumbprint Cookies:

Thumbprint Cookies, gefüllt mit Hagebuttenmarmelade und kalt ausgezogenem Früchtetee-Stückchen

Thumbprint Cookies, gefüllt mit Hagebuttenmarmelade und kalt ausgezogenem Früchtetee-Stückchen

Zutaten:

  • 80 g selbstgemachte Margarine
  • 1 sehr reife große Banane
  • 2 El Agavendicksaft
  • 1 El Vanillepulver
  • 2 – 3 El Kakao
  • 100 g Leinsamenmehl
  • 100 g Dinkelmehl
  • Gewürze (Zimt, Nelkenpulver, Chilliflocken, Kardamom, Pfeffer – je nach Geschmack)

Margarine, Banane und Agavendicksaft cremig rühren. Mehl, Vanille und Gewürze dazu geben und alles rasch verrühren. Bälle mit 2-3 cm Durchmesser formen, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und mit dem Ende eines Kochlöffels kleine Mulden reindrücken. Mit beliebiger Marmelade (Tipp: Hagebutte!) füllen und 15 – 20 Minuten bei 180° Grad backen.

 

Veröffentlicht am 16.11.2016

2 Gedanken zu „Life Hacks auf dem Prüfstand

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