Vom Ursprung der Muster

Warum signalisiert Zickzack Gefahr? Was überhaupt haben Muster zu bedeuten? Ein Workshop in Hamburg öffnet die Augen

Vom Schutzzauber, Zickzack und Mäander

Dr. phil.Claudia Müller-Ebeling, beim Auftakt der Seminarreihe »Ornamente des Lebens - schamanische Einblicke in Muster und Zeichen«

Dr. phil.Claudia Müller-Ebeling, beim Auftakt ihrer Seminarreihe »Ornamente des Lebens – schamanische Einblicke in Muster und Zeichen«

In welcher Welt leben wir eigentlich? In einer, in der nichts mehr Bedeutung hat? Alles beliebig ist? Nein, sagt Dr. phil. Claudia Müller-Ebeling. Mit ihrem ungewöhnlichen akademischen Hintergrund – sie studierte Kunstgeschichte, Ethnologie, Indologie und Literaturwissenschaft in Freiburg, Hamburg und Paris – vermittelt sie gekonnt verloren geglaubtes Wissen. Am 6. März habe ich den Auftakt zu ihrer Tagesseminar-Reihe mit dem Titel »Ornamente des Lebens – schamanische Einblicke in Muster und Zeichen» in Hamburg erlebt – und sehe seither die Welt mit anderen Augen.

Was will uns die Natur mit ihren Mustern sagen?

»Die Kräfte der Natur offenbaren sich in Mustern. Farne und Ranken entfalten sich in Spiralen. Flüsse und Rinnsale fließen in Mäandern. Muster des Lebendigen zu erkennen und sich darin geborgen zu fühlen ist heilsam!«, sagt Müller-Ebeling. Am Morgen des Workshops lässt sie Fotos herumgehen. Von Mustern, die das Element Wasser in den Sand schreibt. Von Kreuzottern, die Angreifern mit ihrer Zeichnung signalisieren, dass sie giftig sind. Und von der Pflanze Pedilanthus. In der Karibik und in Südmexiko wird sie zum Schutzzauber rund um das Haus gepflanzt. »In veränderten Bewusstseinszuständen«, sagt Ethnopharmakologe Dr. phil. Christian Rätsch, der das Seminar seiner Lebensgefährtin mitmacht , »erscheint sie nicht als Pflanze, sondern als Ansammlung giftiger Pfeile.«

Warum dieses Muster und kein anderes?

»Seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte sind wir uns der Ornamente des Lebens bewusst«, erklärt die Dozentin die Herkunft uralter Muster, mit denen vorgeschichtliche Höhlen, Töpfe und Kultgegenstände geschmückt sind. »Spiralen, Zickzacklinien und Rauten verhießen magisches Wachstum und wehrten Übel ab.» Davon haben wir uns im Westen komplett entfremdet. Müller-Ebeling: »Heute betrachten wir Muster rein ästhetisch, vielleicht als Schmuck, als Tapete oder als Design. Doch die einst magischen Zeichen, Muster und Ornamente sind erst sehr viel später zum Schmuck geworden – und heute fast immer von der ursprünglichen Bedeutung getrennt.« Müller-Ebeling und Rätsch berichten von ihren ausgedehnten Reisen zu Zwecken der Feldforschung. Dass zum Beispiel in Nepal an den durchpulsten Stellen des Körpers noch immer wie selbstverständlich Armreifen, Fussringe, Ketten und Gürtel zum Schutz getragen werden, ist mir neu. In Gedanken gehe ich mein spärlich gefülltes Schmuckkästchen durch…

Nach der Mittagspause werden intuitive Kräfte geweckt

Welche inneren Muster werden in uns Seminarteilnehmern geweckt, wenn wir in eine leichte Trance gehen? An welchen Stellen des Körpers verdichten sie sich? Was wollen sie uns sagen? Untermalt von mongolischem Kehlkopfgesang mit treibenden Fideln und satten Bassgetrommel gehen wir in Rückenlage. Müller-Ebeling schwenkt über unseren Köpfen mäandernd eine Räucherschale. In ihr brennt das Harz der Weiß-Tanne Abies alba. Bald ist der Raum mit dichtem Rauch erfüllt. Eine gute Dreiviertelstunde geht es auf Reise in die innere Welt. Sie wird von jedem völlig anders erlebt – wie der anschließende Erfahrungsaustausch zeigt. Nachdem die linke Gehirnhälfte mit reichlich Wissen stimuliert wurde, ist jetzt die rechte Gehirnhälfte dran. Das macht das Ganze noch intensiver.

Wir malen unser inneres Ornament

Zum Ausklang hören wir noch einmal die Musik. Jetzt ist Zeit und Raum, um vom Eindruck zum Ausdruck zu kommen. Müller-Ebeling hat Papier und Fingerfarben dabei. Wir vertiefen uns in unsere persönlichen Ornamente – eine willkommene Art, beim Malen das Gehörte und Erlebte sacken zu lassen. Beseelt machen wir uns nach der Abschlussrunde auf den Heimweg. Scheint so, als habe Claudia Müller-Ebeling uns allen eine neue Brille verpasst, irgendwie an der Optik gedreht. Plötzlich entdecken wir Friese, Fensterumrahmungen, Treppenhäuser mit Jugendstil-Kacheln oder magische Arrangements auf Fensterbänken. Möglicherweise wurden sie völlig willkürlich eingesetzt. Aber sie sind noch nicht verschwunden.

Und hier die Links:

Das nächste Seminar in der Reihe »Ornamente des Lebens« findet am 4. September statt. Thema »Kreis + Spirale = Ganzheit + Geborgenheit. Hier geht’s zur Anmeldung

»Rad des Samsara – der schamanische Zyklus der Zeit« findet am 24. April im Gemeinschaftshaus Berne statt; neben Müller-Ebeling und Rätsch sind die Heilpraktiker Irene und Friedrich Rehrnbeck Mitveranstalter

Außerdem empfehlenswert:

2. Internationale Heilkräutertage auf Schloss Krastowitz/ Klagenfurt, Kärnten. Neben Rätsch und Müller-Ebeling sind auch Roger Kalbermatten (Ceres), Wolf-Dieter Storl und Nana Nauwald mit von der Partie

Vielleicht ist für dich in dem Kudra-Seminar-Haus das eine oder andere für dich dabei?

Filmtipp: »Das Rätsel der Donau-Zivilisation« – gibt’s auch als Buch

Veröffentlicht am 12.03.2015

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