Ab März steckt der Hobbygärtner sein Saatgut in die Erde – aber welches?
Bei der Erde fängt’s schon mal an…
»Torfarme« oder »torfreduzierte« Erde ist ein Fake. Sie kann und darf bis zu 80 % Torf enthalten. Beim Kauf einer politisch korrekten Erde für Garten und Balkon heißt es deshalb: null Torf, whatsoever. Warum? Moore sind die besten Klimaschützer, die wir (noch) haben. Moore binden weltweit mehr CO₂ als alle Wälder zusammen. Man leistet also einen Beitrag zu ihrem Erhalt, wenn man komplett mit torffreier Erde gärtnert. Deren bodenverbessernden Eigenschaften beruhen zumeist auf Kompost aus Rinden- oder Grünschnitt. Gelegentlich enthalten sie zusätzlich Tonminerale oder Kohlenholzfaser. Dank ihrer Grobporigkeit und ihres Volumens helfen die Zusätze, den Boden gut zu durchlüften. Übrigens: »Bio« ist nicht gleichbedeutend mit »torffrei« (weiterführende Links unten).
…und hört beim Saatgut nicht auf
Der Handel mit amtlich nicht zugelassenem Saatgut ist nach EU-Rechtssprechung verboten. Zuletzt wurde das noch einmal vom Europäischen Gerichtshof bestätigt. Die Richter erteilten damit einer Klage der französische Saatgut-Kooperative Kokopelli eine Abfuhr. Dazu ein Ausschnitt/Kommentar aus der taz (vom Juli 2012):
Die Kooperative Kokopelli vertreibt seit den 90er Jahren Saatgut aus alten, nichtkommerziellen Sorten – zum Beispiel Tomaten, Spargel und Karotten. „Wir tun, was unsere Großväter bereits getan haben, aber man verlangt von uns, dass wir unsere Produkte prüfen lassen nach Kriterien wie Medikamente. Das ist doch nicht normal“, beklagt Jocelyn Moulin von Kokopelli.
Nein, normal ist das nicht. Aber auch ein wenig holzschnittartig dargestellt. Über die genauen Hintergründe von Urteil und Klage gibt es diesen interessanten Link (»Der Fall Kokopelli« von Novo Argumente Online). Auf die Eigenarten modernen Patent-Rechts möchte ich in diesem Tipp der Woche jedoch nicht verweisen. Sondern auf dieses herrlich »subversive» Gefühl, welches einen durchströmt, sobald man eigenes Saatgut kultiviert, in die Erde steckt oder gar auf Saatgutbörsen miteinander tauscht. Es ist nämlich noch gar nicht lange her, da schwebte auch über uns Hobbygärtnern das Damoklesschwert des EU-Rechts (2013, Quelle: SZ). Zwar ist im Moment Ruhe – man weiß aber nie, wie lange die Eliten ein freigiebiges Saatgutverhalten noch dulden (wenn du erfahren willst, was angedacht war, beiß‘ dich hier durch, my friend).
Die Expertin meines Vertrauens
Andrea Fischer aus Stubenberg lernte ich auf dem letzten Heldenmarkt in Hamburg kennen. In dem Gewusel war es unmöglich, sich eingehender mit ihrem Wissen zu befassen. Aber das wenige, was sie mir über Saatgut, Nicht-Hybride und die letzten Dinosaurier der Branche erzählte, überzeugte mich. Sie vertreibt über einen Webshop das Biosaatgut von De Bolster.
Die Saatgutanbieter, die sie außerdem empfiehlt, sind herb’s von Herbert Vinken und die Bio-Gärtnerei von Christian Herb aus Kempten . Ganz sicher gibt es noch den einen oder anderen Saatgutproduzenten, der nach althergebrachten Kriterien züchtet und kultiviert – bin für jeden Hinweis dankbar!
Und hier die Links:
Im Erd-Ratgeber von »Mein schöner Garten« wird Kohlenholzfaser (Xylit – offenbar nicht identisch mit dem gleichnamigen Birkenzucker) erklärt
Bei Stiftung Warentest haben nur zwei torffreie Erden mit »gut« abgeschnitten
Am Ende ihres Posts führt »Tinto bloggt« einige empfehlenswerte torffreie Erden auf
Über das Saatgutrecht informiert die Saatgutkampagne sehr ausführlich. Aber auch Save our Seeds. Fündig wird man auch bei der österreichischen NGO Arche Noah.
Veröffentlicht am 26.03.2015