Wenn Fleisch, dann dieses

Wie schmeckt das Fleisch von halbwilden Rindern? Die zwei Direktvermarkterinnen vom Biosphärenkontor wissen die Antwort

Dr. Hélène Gibaud (li) und Dr. Linda Holste (re) vom Biosphärenkontor beim Partner Schäfer Klaus Seebürger (Mi) Foto ©Jürgen Gernandt

Dr. Hélène Gibaud (li) und Dr. Linda Holste (re) vom Biosphärenkontor beim Partner Schäfer Klaus Seebürger (Mi) Foto ©Jürgen Gernandt

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Der von mir verehrte Blogger Hendrik Haase alias Wurstsack hat’s gemacht. Er hat das Schlachten eines Tieres auf der Weide fotografiert. Für schwache Nerven ist das nichts. Und für Veganer schon mal gar nichts. Doch man kann um das Tierwohl besorgt sein und trotzdem, wenn auch selten, Fleisch essen wollen. Das geht allerdings nur unter zwei Bedingungen: a) dass die Tiere wirklich artgerecht gehalten und qualfrei getötet wurden und b) dass man rund 25 € pro Kilo zu zahlen bereit ist. Höre ich Hohngelächter? Hoffentlich nicht! Erst wenn wir gelernt haben, den wahren Wert eines Stück Fleisches zu bezahlen, wird sich am viel beklagten Tierleid substantiell etwas ändern.

Ein Ausflug ins Biosphärenreservat

Anfang August: Auf Einladung vom Biosphärenkontor besichtigen wir den Hof von Klaus Seebürger, gelegen im UNESCO Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe. Es handelt sich um eine der letzten naturnahen Stromlandschaften Mitteleuropas. Ein Flussrandgebiet mit sandigen Ufern, schilf- und binsengesäumten Stromtalwiesen, Altarmen und Stillgewässern. »Die weiten Auenlandschaften werden noch regelmäßig überflutet», ist in dieser  Broschüre zu lesen. Das gilt auch für die Polderwiesen rund um den Seebürgerschen Hof. Muss bei Elbehochwasser geflutet werden, hat der Schäfer und Rinderzüchter genau eine Woche Zeit, um seine halbwilden Rinder von den Weiden zu treiben. Keine leichte Aufgabe. Neben Wasserbüffeln und Kreuzungen aus verschiedenen Rinderrassen sind auch Tiere dabei, die man halbwegs zu Auerochsen, dem Ur-Rind,  »rückgezüchtet» hat. Bei unserem Treffen können wir uns den Herden nur in Bully und Geländewagen nähern. Foto-Safari, du sagst es. Bei 50 Metern ist Stopp. »Das ist die Fluchtdistanz«, sagt Seebürger. Aussteigen verboten. Die menschliche Silhouette ist den Rindern suspekt. Gottlob hat einer von uns, Jürgen Gernandt aus Hildesheim, ein Tele-Objektiv dabei.

»Eine von den beiden weißen ist die Leitkuh - genau weiß man das nicht.» Halbwilde Rinderherde Foto©Jürgen Gernandt

»Eine von den beiden weißen ist die Leitkuh – genau weiß man das nicht.» Halbwilde Rinderherde Foto©Jürgen Gernandt

Eine Spur Auerochse, eine Spur Aubrac-Bulle - und vermutlich knapp eine Tonne schwer.

Eine Spur Auerochse, eine Spur Aubrac-Bulle – und vermutlich knapp eine Tonne schwer.

Wasserbüffel auf Polderwiese - wird geflutet, muss die Herde umziehen Foto©Jürgen Gernandt

Wasserbüffel auf Polderwiese – wird geflutet, muss die Herde umziehen Foto©Jürgen Gernandt

In die Herden integrierte Esel warnen vor Wölfen Foto ©Jürgen Gernandt

In die Herden integrierte Esel warnen vor Wölfen Foto ©Jürgen Gernandt

Menschen, was wollen die? Skeptisches Fleckvieh, Limousin, Angus? Foto ©Jürgen Gernandt

Menschen, was wollen die? Skeptisches Fleckvieh, Limousin, Angus? Foto ©Jürgen Gernandt

Etwas ganz Besonderes

Nicht alle Rinderzüchter, die 2014 den »Erzeugerzusammenschluss BiosphärenRind Elbe-Schaalsee w.V.» gebildet haben, arbeiten wie Klaus Seebürger an Rückzüchtungen, halten Wasserbüffel und nutzen Esel inmitten der Herden als Frühwarnsystem vor Wölfen. Damit ihr Biosphären-Rind, zertifiziertes Rindfleisch aus Mutterkuhhaltung, auch und vor allem in den Städten Abnehmer findet, haben die Erzeuger zwei Direktvermarkterinnen beauftragt. Dr. Linda Holste, von Haus aus Ozeanographin, und die Agrarwissenschaftlerin Dr. Hélène Gibaud sind Geschäftsführerinnen der Firma Bioshärenkontor – Fleisch für Kenner UG. Immer wenn via Firmenportal oder telefonisch genug Bestellungen für ein gemischtes 5- oder 10-Kilogramm-Fleischpaket eingegangen sind, wird geschlachtet. Verschickt wird in einem vom Berliner StartUp Coolship entwickelten isolierten Paketsystem. Damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird, müssen die Besteller zum Lieferzeitpunkt erreichbar sein und das Paket entgegen nehmen. Der Kilo-Preis beträgt 24, 95 €. Die Fleischverarbeitung übernimmt die Bio-Fleischerei vom Partnerbetrieb Gut Gallin. Du lebst in Hamburg und möchtest schonmal vorkosten? Frag  im Restaurant Trific nach Biosphären-Rind!

 

Und hier die Links:

Bei der Recherche bin ich auf die zweifelhafte Feigenblatt Tierwohl-Initiative der acht Riesen im Lebensmitteleinzelhandel gestossen – dazu später mehr. Wer sich vorab schlau machen möchte, tut dies hier, hier und hier

Neulich im Deutschlandfunk: Biosphärenkontor ist eine der Firmen, die hoffentlich bald von den Aktionären Regionalwert AG Hamburg unterstützt werden – ich bin übrigens auch dabei, als stolze Kleinaktionärin….

Veröffentlicht am 13.08.2015

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