Wieviel Tierwohl steckt im Bio-Ei?

Weil wir beim Eier-Einkauf gern sparen, müssen Legehennenhalter entsprechend wirtschaften. Was muss passieren, damit sich das ändert? Autor Robert Bungert hat die Bedingungen der Bio-Ei-Erzeugung unter die Lupe genommen.

Wer ein Gewissen hat, achtet beim Eierkauf auf die Bezeichnung

Bis zu 50 000 Legehennen in einem Stall

Viele Verbraucher kaufen in ihrem Supermarkt bereits Bioprodukte, kennen sich damit aber nicht unbedingt aus. Nur wenige Käuferinnen und Käufer wissen, dass sie auf jedem Ei ablesen können, ob und welches Bio es ist. Beginnt der Code mit einer 0, dann sind es Bio-Eier Bei einer 1 handelt es sich um Freilandeier, bei einer 2  um Bodenhaltung und bei einer 3 um Käfighaltung. Anschließend kommt die Länderkennziffer, dann die Erzeuger-Kennnummer. Beim Einkauf macht es also schon mal Sinn, auf den Eier-Code zu achten und nur das zu kaufen, was mit einer 0 beginnt. Doch wie viel Tierwohl steckt wirklich im Bio-Ei?

Bevor es weiter geht – einige Vorzüge der Bio-Eier:

Bio ist prinzipiell besser für die Legehennen, als die anderen Haltungsformen.Bio-Eier werden zum Großteil oder komplett mit Bio-Futtermitteln erzeugt. Die Belastung mit Pestiziden wie Glyphosat ist deutlich geringer als bei konventioneller Fütterung. Bio heißt auch, dass biologisch gedüngt wird.Selbst Biodünger wie Hühnerkot darf nicht so dick wie beim konventionellen Ackerbau aufgetragen werden, das schützt Land und Grundwasser.Erzeuger kalkulieren höhere Preise und können auch ohne Megaställe noch existieren.Für uns Menschen, für die Tiere und die Böden ist Bio also definitiv besser, als Nicht-Bio. Dadurch ist Bio allerdings nicht automatisch perfekt, wie Recherchen vom Rundfunk Berlin-Brandenburg ergeben. Selbst mit dem EU-Bio-Siegel oder auch dem Deutschen Bio-Siegel werden Bio-Eier zu einem Großteil in Massentierhaltung produziert. Die Vorschriften sehen vor, dass „nur“ 3000 Legehühner pro Stallung in einer Herde gehalten werden dürfen. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Erzeuger eine große Stallung in viele kleinere unterteilt und bis 50.000 Legehennen in nur einem Stall hält.

Wie hält man Legehennen so, dass sie glücklich sind und leckere Eier legen?

Hühner haben einen angeborenen Drang ins Freiland

Stichproben in brandenburgischen Ställen

NachAngaben vom RBB, der 2018 mehrfach zu diesem Thema berichtete (z.B. am 22.01.2018 und 11.04.2018), stammt jedes zweite deutsche Bio-Ei aus solch einer Massenproduktion, in Brandenburg sind es sogar 90%. Bei der Besichtigung von einem Betrieb mit zehntausenden Legehennen war auffallend, dass nur wenige hundert Tiere im Freien waren. Ein sicheres Anzeichen, dass die Haltung nicht artgerecht ist, da Hühner bei gutem Wetter einen starken Drang nach Freilauf haben.

Andere Bio-Siegel

Das EU Bio-Siegel oder das Deutsche Bio-Siegel sind nur das Minimum, damit ein Ei sich als Bio ausweisen darf. Es gibt zudem noch weitere Bio-Siegel, z.B. von Naturland, Bioland oder Demeter, welche die Messlatte und anschließend auch die Preise höher ansetzen. Selbst bei diesen freiwilligen Bio-Siegeln dürfen Verbraucher nicht zu blauäugig sein. Auch hier werden einige Erzeuger die Regeln so auslegen, dass sie wirtschaftlicher arbeiten und die Tiere hintenanstellen.Bio sagt zudem nur etwas über die Haltungs- und Fütterungsbedingungen aus. Die Prüfsiegel sagen nicht aus, ob sich von tausenden Legehühnern auch jedes wohlfühlt. In jedem Fall fühlen sich Bio-Legehennen aber kaum so elend wie Käfighühner, denn sie dürfen nach draußen dürfen, was bei Bodenhaltung nicht einmal vorgesehen ist. Auch im Vergleich zu einfachen Freilandhühnern setzen die gesetzlichen Vorgaben für Bio-Legehennen höhere Standards voraus.

Probleme mit der Bio-Massentierhaltung

In der Bio-Tierhaltung sind viele Zusätze oder Arzneistoffe komplett verboten oder dürfen nur in einem enger gestecktem Rahmen verwendet werden. Wenn Bio-Legehennen in Gruppen von 3000 Hennen gehalten werden und pro Tier 4 m² Weidefläche gesetzlich zugesprochen erhalten, dann hat es Gründe, weswegen einige Erzeuger bemüht sind, dass die Hennen gar nicht so viel rauslaufen. Die nötigen 12000 m² Freifläche wären z.B. 100×120 m groß. Wenn die Hühner an einem Ende rauskönnen, dann weiden sie an dieser Stelle das Grün bereits ab und bei Regenwetter entsteht Morast. Die Hühner koten auch an diesen Stellen, womit gefährliche Keime entstehen werden. Die Bio-Legehennen wären schneller krank und hätten damit noch höheren Bedarf an Arzneistoffen.Der Hühnerstall müsste in diesem Fallbeispiel also möglichst innerhalb der Fläche mit vielen verteilt angelegten Hühnerklappen geplant werden. Wenn jedoch ein Stall mit mehreren Stallungen zu jeweils 3000 Bio-Legehennen errichtet wird, dann wird all das mit dem verteilten Auslauf problematischer. Selbst wenn die Hühner die Weide nicht ruinieren würden, so bliebe das Problem der hohen Keimdichte in Schlechtwetterphasen bestehen.

Probleme mit der Bio-Massentierhaltung

Prächtige Hühner, fotografiert im Museumsdorf Hamburg

Mobile Kleinställe für Legehühner

Es gibt bereits mobile Hühnerställe, in denen wahlweise Masthühner oder Legehühner gehalten werden können. Diese Modelle gibt es in klein für einige Hühner, womit Hobbyhalter sich selber versorgen können. Ein Beispiel eines Mobilen Hühnerstalls für Hobbyhalter findet man hier

Es gibt aber auch Hühnerställe auf Rädern für hunderte oder sogar 1000 Bio-Legehennen, die jedoch deutliche Überbreite haben. Diese fahrbaren Hühnerställe können immer dann versetzt werden, wenn eine Weide erschöpft ist. Theoretisch kann eine ganze Wiese in Parzellen zerlegt werden, um zwischen diesen einen breiten Weg zu berücksichtigen. Es wird etwas Zaun zu jeder Parzelle ausgelassen, um hier den mobilen Hühnerstall einpassen zu können. Die Hühner können zur Weide raus, der Bauer kann vom Weg aus die Eier entnehmen und Tanks für Futter und Wasser auffüllen. Wenn mehrere dieser Hühnerställe in eine Weide eingefügt werden könnten, wären auch größere Hühnergruppen möglich. Die Folge: es wird wirtschaftlicher.

Wer zig mobile Hühnerställe nur versetzt, der könnte die Kosten weiter reduzieren, wenn die Hühnerställe auf Stelzen auf dafür vorgesehene Betonsockel abgestellt werden, um das Fahrwerk drunter wegzuziehen. Kosten werden gesenkt, die Hühner kommen dennoch auf die Wiese und der Bauer kommt leicht an die Eier und kann Futter und Wasser nachfüllen.

Bisherige mobile Hühnerställe werden bereits auf ähnliche Weise verwendet. Mit abstellbaren Aufbauten zu arbeiten, sowie die Wiese einmalig in Parzellen zu unterteilen und auf jeder Parzelle noch ein paar Bäume für Schatten und Schutz zu setzen, würde alles vereinfachen.

Was können wir Verbraucher tun?

Letztendlich liegt es an uns Verbrauchern, ob dieser höhere Preise freiwillig bezahlt und bei Missständen ordentlich Druck macht. Beides ist ausschlaggebend, damit Erzeuger eine artgerechtere Bio-Haltung für Legehennen anstreben. Einige Legenhennenhalter erklären, dass sie dann Eipreise von über 50 Cents kalkulieren müssten, wenn sie artgerechte Bio-Eier produzieren wollen. Wer eine ganze Familie von kleinem Gehalt satt kriegen muss, der kann sich das nicht einmal leisten. Wer jedoch einen Garten hat und noch ein Hobby braucht, der richtet sich einen eigenen kleinen Hühnerstall ein oder kauft einen Fertigstall für den Garten. Es braucht neben den Hühnern auch etwas Legehennenfutter während der Legesaison. Die Hühner suchen aber im Freien oder im eingezäunten Freilauf gerne auch selber einen Teil vom Futter. Diese Hühner legen die besten Eier und sind die glücklichsten.

Wie hält man Legehennen so, dass sie glücklich sind und leckere Eier legen?

Am wohlsten fühlen sich Hühner auf einem Boden, in dem sie scharren können

Wer nur Biofutter verwendet und auch ansonsten auf Biostandards achtet, der hätte dann Bio-Eier von glücklichen Legehennen aus dem eigenen Garten. Welche Bedingungen Hühnerfutter zum Bio-Hühnerfutter macht und welche Inhaltsstoffe enthalten sein dürfen findet man hier

 

Autor: Robert Bungert
Veröffentlicht am 20. 01.2019

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